16.08.2016

Günter Faltin - Ein Porträit

"Ein Unternehmen gründen, Geld verdienen, Spaß haben, die Welt besser machen? Geht. Alles auf einmal. Sogar viel einfacher, als Sie glauben. Ohne Bankkredit, ohne High-Tech-Patent, ohne Burn-out, ohne Wirtschaftsstudium." sagt der Wirtschaftsprofessor Günter Faltin aus Berlin.
Es begann mit einem Seminar an der Hochschule der Künste in Berlin Ende der 80er Jahre. Thomas Fuhlrott, einer der zait-Gründer besuchte Faltins Seminar "Marketing und neue Werte". Hier wurde er von dessen Denken infiziert oder auch inspiriert, kurz darauf begann Thomas Fuhlrott als Faltins Mitarbeiter in der Berliner Teekampagne. Die Teekampagne gründete Günter Faltin 1985, um praktische unternehmerische Erfahrungen zu sammeln, die Theorie erfolgreicher Unternehmensgründung war da von ihm bereits ausformuliert.
Tee schien ihm ein geeignetes Beispielprodukt, verteuerte der Weg des traditionellen Teehandels den Preis vom Erzeuger zum Kunden um das Zehnfache. Das sollte günstiger gehen. Faltin recherchierte Hintergründe, Handelswege, Kostenfaktoren, Qualitäten und startete eine radikal einfache Lösung: Tee direkt importiert, nur die teuerste Sorte - Darjeeling in bester Qualität, nur in Großpackungen. Kein Zwischenhandel, kein Lager, keine Kleinpackungen, keine Vielfalt im Sortiment. Der Preis lag nun bei einem Drittel des herkömmlichen Handels. Als Hochschullehrer inzwischen beamtet, war ihm die Gründung eines Unternehmens untersagt. Er berief sich auf die in Artikel 5 des Deutschen Grundgesetzes festgelegte Freiheit von Forschung und Lehre und gründete die Teekampagne nicht zur Erwirtschaftung von unternehmerischen Gewinnen, sondern zum Gewinn von Erfahrungen. In der Folge kämpfte er mit bürokratischen Hindernissen und den Anfeindungen des Teehandels. Doch das Konzept trug, auch weil es mehrere Standbeine besaß. Erstes und wichtigstes Standbein war der Preis, es folgten Produktqualität, die Freiheit von chemischen Rückständen und ein fairer (Markt-) Preis für die Produzenten. Ein solches Backup-System der Standbeine ist nötig, um den marktbedingten Wegfall eines Standbeins zu kompensieren.
Im Jahr 2009, inzwischen zählt die Teekampagne 200.000 Kunden, erhielt Günter Faltin den Deutschen Gründerpreis, 2010 das Bundesverdienstkreuz.
Vielen jungen Unternehmen half der Ökonom ins Leben, an über zwanzig ist er beteiligt. Es ist seine Art zu denken, die überzeugt. Es geht bei ihm nicht um neue Autos, sondern um neue Mobilität, nicht um neue Häuser, sondern eine neue Art zu wohnen, nicht um neue Hotels, sondern einen neuen Tourismus. Wer mehr erfahren möchte, dem sei sein Buch "Kopf schlägt Kapital" empfohlen. Es liegt bereits in der 8. Auflage vor, ist in viele Sprachen übersetzt und erschien zuletzt auch in China.
Mehr Informationen dazu gibt es unter www.projektwerkstatt.com.

Beitrag aus dem zaitgeschehen no. 19, Herbst 2011

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